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KURZER EINWURF #10

Alle 14 Tage durch Jens Dreesen

Foto von Thomas Park auf Unsplash

Würdigung statt Herabsetzung

Drei junge Männer machen sich in einem Podcast über paralympische Sportler*innen lustig – geschmacklos und menschenverachtend. Was so oder ähnlich vermutlich tausendfach in Deutschland passiert, erhält in diesem Fall durch die Verbreitung in den sozialen Medien eine unverdiente Bühne.

Es ist schon viel dazu gesagt worden, oft von Menschen, die selbst betroffen sind oder mehr Expertise in das Thema einbringen. Ich möchte noch eine weitere Perspektive einbringen – die eines leidenschaftlichen Fans, der sich für den sportlichen Wettkampf begeistert.

Und als solcher habe ich diesen Sommer in vollen Zügen genossen – Tour de France, EURO 24, Olympische Spiele und schließlich die Paralympischen Spiele. Zuletzt stand ich ganz unter dem Eindruck der beindruckenden Bilder aus Paris: Sheetal Devi, die 17-jährige Bogenschützin aus Indien, der deutsche Schwimmer Josia Topf, der mit dem Kopf “anschlug” oder Thomas Wandschneider, der mit 60 Jahren Bronze im Para-Badminton gewann. Doch all das rückt plötzlich in den Hintergrund, verdrängt von der öffentlichen Debatte um die geschmacklosen Sprüche dieser drei Typen.

Kaum jemand schaut mehr auf die großartigen, z.T. spektakulären Leistungen der Athlet*innen. Die verdiente Würdigung der Sportler*innen tritt in den Hintergrund. Stattdessen geht es um die Frage, wie sich die drei Dudes jetzt verhalten. Entschuldigen sie sich? Ist das glaubwürdig? SIE stehen im Rampenlicht, während die wahren Held*innen übersehen werden.

Dabei gibt es so viele wichtige Themen rund um Para-Sport, die mehr Beachtung verdienen: Nur sieben Prozent der über 87.000 Sportvereine in Deutschland bieten Sport für Menschen mit Behinderung an. In einem Land mit über 13 Millionen behinderten Menschen – davon 7,8 Millionen mit schwerer Behinderung – ist das erschreckend wenig.

Kinder und Jugendliche mit Behinderungen sind häufig vom Schulsport ausgeschlossen, weil Sportstätten nicht barrierefrei sind oder qualifiziertes Personal fehlt.

Das ist nicht nur ein großes Versäumnis, sondern widerspricht auch der UN-Behindertenrechtskonvention, die Deutschland 2009 ratifiziert hat. Sie garantiert Menschen mit Behinderungen den „vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten“. Teilhabe ist kein Luxus, sondern ein gesetzlich verbrieftes Recht.

Lassen wir die Idioten Idioten bleiben. Ich fürchte, das können wir nicht verhindern. Was wir alle gemeinsam verhindern können, sind Barrieren – in den Köpfen und in der Gesellschaft.


Weiterführende Links:

Interview Stefan Kiefer, Generalsekretär des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS):
Wir brauchen mehr als sieben Prozent!

Interview Kristina Vogel, (Erfolgreichste Bahnsprinterin der Welt):
Rollstuhl und Spitzensport: So setzt sich Kristina Vogel für mehr Inklusion ein

Mehr Infos zur UN-Behindertenrechtskonvention


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